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JF Riehe: Frühes Augen- und Perspektivenöffnen


Seit Jahren ist zu beobachten, dass junge Menschen vom Land ihren Dörfern den Rücken kehren und zu Studium oder Ausbildung in größere Zentren wechseln. Die potentiellen Arbeitgeber im ländlichen Raum (oftmals kleine und mittlere Betriebe) haben oft das Nachsehen, wenn es um die Nachwuchsgewinnung geht.

Das wirkt sich natürlich nicht nur auf das Arbeitsleben, sondern auch auf die Feuerwehren aus. Immer dann, wenn Jugendliche und junge Erwachsene die Schule beenden und einen neuen Lebensabschnitt beginnen, steht auch im Feuerwehrwesen der Wechsel von der Jugendfeuerwehr zur Einsatzabteilung an. Und oft genug gehen diese jungen Menschen, die man über Jahre begleitet und ausgebildet hat, im entscheidenden Moment verloren. Dem wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten entgegenwirken. Wir möchten unseren Jugendlichen zeigen, dass es auch in der näheren Umgebung berufliche Perspektiven gibt. Auch in Schaumburg, in Bad Nenndorf, ja sogar in Riehe gibt es attraktive Ausbildungsplätze!


Dazu haben wir in Zusammenarbeit mit vielen örtlichen Arbeitgebern (und gleichzeitig Unterstützern der JF Riehe) am vergangenen Montag einen zentralen Praktikumstag organisiert. Die Arbeitgeber mussten im Vorfeld einige Fragen zu den angebotenen Ausbildungsplätzen beantworten. So wurde unter anderem nach Ausbildungsvergütungen, Arbeitszeiten und Übernahmechancen gefragt. Außerdem sollte jeder Betrieb ein paar Gründe anführen, warum eine Ausbildung gerade in seinem Berufsbild besonders interessant ist. Nachdem alle Infos zusammengetragen waren, durften die Jugendlichen drei Wünsche äußern. Die wurden dann bei der Verteilung berücksichtigt. Fast jeder bekam tatsächlich seinen ersten Wunsch – mindestens aber den zweiten – erfüllt, sodass am Montagmorgen alle mit Freude und Elan an die Arbeit gingen.

Den Anfang machten Mette und Lena, die bei der Bäckerei Planert bereits um 04:00 Uhr Brötchenduft schnuppern und Hand anlegen durften. Aber auch alle anderen mussten in ihren Ferien vergleichsweise früh aufstehen. Arbeitsbeginn war bei den meisten um 07:00 Uhr. Glücklicherweise spielte das Wetter mit und so konnten auch die Freiluftpraktikanten Til und Timon bei Dachdecker Oltrogge und Landschaftsgärtner Niklas bei GALA-Bauer Stefan Müller ausgiebig ihr Arbeitsumfeld erkunden. Es galt einen Balkon von alten Fliesen zu befreien und Dachpfannen zu schleppen bzw. Mauern zu verfugen. Offenbar stellten sich unsere Jungs nicht allzu doof an. Til und Timon bekamen sogar gleich einen Ferienjob angeboten! Und auch Stefan Müller war von Niklas‘ Arbeitsleistung angetan.

Auch Runa, die sich für Installateurmeister Florian Riemer entschieden hatte, kam auf ihre Kosten – sie durfte beim Austausch eines defekten Wasserrohrs anpacken und hinterher noch bei der Wartung eines Heizkessels assistieren. Tim und Justin hatte es in die Schlosser-Werkstatt der riha-WeserGold verschlagen, wo sie unter Anleitung von Ausbildungsleiter Horst Klemme die Werkzeuge zur Metallbearbeitung ausprobieren durften – natürlich nach einer eingehenden Sicherheitsunterweisung!


Naturgemäß etwas ruhiger ging es dagegen bei den Büro-Berufen zu. Cecile hatte die Schulbank gegen einem Schreibtisch beim Bundesverband Lohnunternehmen e.V. getauscht und durfte in alle Arbeitsbereiche einmal hineinhorchen. Handwerklich tätig war sie aber auch: ein größerer Posten Briefe war einzutüten – eben ein typischer Azubi-Job… Ähnlich ging es Charlotte und Lucie in der Samtgemeindeverwaltung. Auch ein kommunaler Verwaltungsfachangestellter muss nicht wirklich körperlich arbeiten. Zum Ausgleich bekamen die beiden Damen aber neben allen Teilen der Verwaltung auch noch den Beruf des Abwasserentsorgers vor Ort in der Kläranlage erläutert. Allerdings sehen beide ihre Zukunft eher in einem Bereich, der nicht ganz so viele Geruchseindrücke mit sich bringt 🙂

Möglicherweise „schnuppern“ sie ja im nächsten Jahr mal im Landgasthaus Fischer herein. Den Platz hatte sich diesmal Emelie gesichert. Da der Montag bei Nadine und Marco Fischer eher ein ruhiger Tag ist, war ausreichend Zeit, um auch den Hotelbetrieb und die Büroarbeit kennenzulernen. Etwas erstaunt konnte Emelie feststellen, dass zur Gastronomie deutlich mehr gehört, als kochen und Teller tragen.

Alle kehrten abends erschöpft aber wohlbehalten und mit vielen neuen Eindrücken nach Hause zurück. Auch wenn nicht jede(r) auf Anhieb seinen Traumberuf gefunden hat, können wir die Aktion wohl als Erfolg verbuchen. Die Arbeitgeber haben schon signalisiert, nächstes Jahr wieder mitmachen zu wollen. Und auch die restlichen Jugendlichen, die meist aus Urlaubsgründen nicht teilnehmen konnten, haben schon Interesse bekundet. Da das Projekt von vornherein langfristig geplant war, soll im Laufe der JF-Zeit jede(r) die Chance haben, mehrere Betriebe zu besuchen. Und wer weiß – vielleicht ergibt sich ja über die Jahre der eine oder andere Lehrvertrag?

Wir bedanken uns bei allen Ausbildern für ihre Unterstützung (und bei den Eltern für das frühe Wecken ihrer Kinder…). Sollte sich noch der eine oder andere Betrieb aus der näheren Umgebung angesprochen fühlen – wir erweitern das Angebot gerne. Der nächste Praktikumstag findet in den Herbstferien 2020 statt.

Text und Fotos: Raphael Drewnitzky

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