Im vergangenen Jahr hatte die Jugendfeuerwehr Riehe in Zusammenarbeit mit den örtlichen Betrieben ein neues Projekt zum Thema „Berufsfindung“ begonnen. Dabei stellten die Betriebe am ersten Tag der Herbstferien Praktikumsplätze für die Jugendlichen zur Verfügung. Sinn und Zweck dieses Dauerprojektes war es, den Jugendlichen aufzuzeigen, welche beruflichen Perspektiven es in der Samtgemeinde gibt und ihnen damit eine heimatnahe Ausbildung nahezubringen. Die langfristigen Vorteile für die Betriebe, die händeringend Azubis suchen, und für die örtlichen Feuerwehren liegen wohl auf der Hand…
Natürlich wollte das Betreuerteam die Aktion in diesem Jahr weiterführen, aber 2020 ist halt alles anders als sonst. So stellte sich die Frage, ob es zu verantworten sei, bei der aktuellen Corona-Lage knapp 20 Schüler in ihren Ferien in unterschiedliche Betriebe zu senden. Dafür sprachen zum Einen die geringen Fallzahlen im Landkreis und zum Anderen die Tatsache, daß jede Firma ein funktionierendes Hygienekonzept haben mußte. Trotzdem hat der Jugendausschuß im Vorfeld lange und kontrovers über dieses Thema diskutiert. Am Ende wurde beschlossen, ein Stimmungsbild bei den Betrieben einzuholen und danach weiterzuplanen.
Dabei erlebte die Führung der JF allerdings eine Überraschung – statt der neun Firmen aus dem Vorjahr, erklärten sich nun ganze siebzehn Arbeitgeber dazu bereit, mit zu machen. Statt der 12 Plätze aus 2019 konnten nun plötzlich 22 vergeben werden. Das überforderte die Rieher personell ein wenig, denn einige Familien nutzten die Herbstferien spontan als Ersatz für den ausgefallenen Sommerurlaub. Trotz der Mithilfe der Jugendfeuerwehr Ohndorf, die noch drei interessierte Jugendliche beisteuerte, konnten am Ende nicht alle angebotenen Plätze besetzt werden und so erhielten leider die Samtgemeindeverwaltung, Metallservice Heinrich und Autoservice Pehlke eine Absage. Alle drei haben aber schon angekündigt, trotzdem nächstes Jahr wieder dabei zu sein.
Insgesamt fünfzehn Jugendliche nutzten die Möglichkeit, sich über diverse Berufsbilder zu informieren. Jugendsprecherin Cecile hatte sich das Tierheim des Tierschutzvereins Rodenberg-Nenndorf ausgesucht. Tatsächlich kann man dort eine Lehre als Tierpfleger machen. Cecile war sehr angetan von der Arbeit mit den Tieren, auch wenn sich das naturgemäß hauptsächlich auf Füttern und „Ausmisten“ beschränkt.
Justin zog es zu Dachdecker Oltrogge. Er konnte helfen, bei einem Kunden Fallrohre anzubauen. Seinen Namensvetter Justin-Tyler hatte es zu Deister Bike nach Stadthagen verschlagen. In der Fahrradwerkstatt konnte er hautnah erleben, wie Mario Hendschke als Profi ein Rad repariert. Aber auch die Arbeit im Laden selbst war sehr interessant.
In der Lehrwerkstatt der riha-WeserGold in Rinteln durfte Niklas unter Anleitung von Ausbildungsleiter Horst Klemme verschiedene Techniken der Metallbearbeitung kennenlernen. Später konnte er auch in der Verwaltung noch mithelfen und das Multifunktionsgerät (kopieren, scannen, faxen) kennenlernen.
Direkt in Riehe hatten sich Runa und Tim ihre Plätze gesucht. Runa hatte GALA-Bauer Stefan Müller gewählt und durfte einen Vorgarten in ihrer eigenen Nachbarschaft mitgestalten. Beim „Mörteln, Bodenplatten ausheben und Schaufeln“ (O-Ton Runa) hatte sie zum Glück gutes Wetter. Tim war in diesem Jahr bei Installateurmeister Florian Riemer. Für ihn galt es, bei einer Solaranlage den Außenfühler zu wechseln und später noch einen neuen Heizkörper zu installieren.
Besonders an der Arbeit mit Kindern erfreuten sich Aliyah, Johanna und Nele. Die ersten beiden durften eine Gruppe im Klax-Kindergarten betreuen, Nele stand den Erzieherinnen im Kindergarten Helsinghausen zur Seite. Einen sehr speziellen Arbeitgeber hatte sich Timon ausgesucht – wer hätte gedacht, daß es mit der Firma Bente-Orgelbau ein solches Spezialunternehmen in Helsinghausen gibt? In der dortigen Werkstatt wird gerade eine große Orgel aus der Gegend von Lübeck restauriert und Timon staunte nicht schlecht, wie vielgestaltig dieser Beruf ist. Neben handwerklichen Fähigkeiten im Holz- und Metallbereich ist natürlich eine gewisse Musikalität notwendig.
Auch die Kameraden aus Ohndorf kamen mit vielen neuen Eindrücken nach Hause. Laura und Noah haben ihren Einsatz im E-Center Bad Nenndorf wohl nicht bereut. Nach einem arbeitsreichen Tag durften beide noch ein paar kleine Erinnerungsstücke mitnehmen. Und auch Tjark hat sein Tag bei Malermeister Rainer Ertmer aus Kreuzriehe sehr gut gefallen.
Aus betrieblichen Gründen zwei Tage später starteten Julie und Dana in ihren Berufsfindungstag. Julie hatte sich schon im Vorfeld das Landgasthaus Fischer ausgesucht, weil ihr eigentlich geplanter Zukunftstag ausgefallen war. Sie durfte beim bayerischen Buffet mithelfen, Getränke servieren und Teller abräumen. Dana hatte sich für den Bundesverband Lohnunternehmen e.V. entschieden. Dort durfte sie in den Alltag einer Bürokauffrau hineinschnuppern. Dabei hat sie zunächst einen Überblick über die verschiedenen Abteilungen bekommen und konnte danach typische Bürogeräte kennenlernen (Stichwort Scanner…).
Interessant ist, daß viele Teilnehmer überrascht waren, wie stressig und arbeitsreich so ein Arbeitstag gerade im Handwerk ist. Aber sie konnten auch feststellen, wie vielseitig gerade diese – in letzter Zeit eher weniger beliebten – Berufe sind.
Für das kommende Jahr haben die Jugendlichen vorgeschlagen, den Termin lieber in die Osterferien zu legen, um die möglichen Urlaubsreisen im Sommer und Herbst zu umgehen und mehr Plätze belegen zu können. Natürlich müssen die Betreuer abwarten, wie sich die Corona-Situation weiterentwickelt. Aber wenn es nach ihnen und den Betrieben geht, sind sie 2021 wieder im Geschäft…
Text und Bilder: Raphael Drewnitzky
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